Das 100-jährige Jubiläum von Insulin im Jahr 2021 wurde mit zahlreichen Artikeln in Fachzeitschriften geehrt. Kaum Beachtung findet der 100. Jahrestag der Entdeckung des Glukagons, das nur wenige Monate später im Jahr 1923 von Prof. John Raymund Murlin (1874-1960) entdeckt wurde.
Wir wollen dem Gegenspieler des Insulins, der heute eine wichtige Bedeutung in der Diabetesbehandlung einnimmt, Anerkennung zollen und seine Geschichte kurz wiedergeben.
Wissenswertes zum Thema Glukagon
- Vor 100 Jahren, im Jahr 1923, wurde das Hormon Glukagon von John Raymund Murlin entdeckt.
- Glukagon wird, wie auch das Insulin, in den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse gebildet.
- Glukagon ist ein Insulingegenspieler – Es erhöht den Blutzuckerspiegel, indem es die Freisetzung des in der Leber gespeicherten Zuckers bewirkt.
- Als Notfallmedikament wird Glukagon bei schwerer Unterzuckerung (Hypoglykämie) bei Diabetes eingesetzt.
Die Entdeckung von Glukagon und seine Bedeutung in der Medizin heute
John Raymund Murlin forschte schon mehrere Jahre, wie auch die Entdecker des Insulins, an der Stoffwechselwirkung des Pankreasextrakts. Dabei fiel auf, dass kurz nach der Injektion von Pankreasextrakt, der Blutzucker zunächst stieg, bevor die Wirkung des Insulins ein Absenken des Blutzuckers bewirkte. Er vermutete daher neben dem Insulin eine weitere Substanz im Extrakt, die er Glukagon nannte – abgeleitet von Gluk(ose) agon(ist).
Bis zum Einsatz von Glukagon in der Behandlung von Unterzuckerung bei Diabetes vergingen nun noch einige (Forschungs-)Jahre. Erst im Jahr 1960 wurde erstmals ein Glukagon Präparat dafür von der FDA, der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde „Food and Drug Administration“, zugelassen.
Heute ist Glukagon als Notfallmedikament aus der Diabetestherapie nicht mehr wegzudenken. Menschen mit Diabetes, die anfällig für eine Hypoglykämie sind, sollten immer ein Notfallkit bei sich tragen und ihr nahes Umfeld über die Anwendung informieren.
Notfallmedikament Glukagon bei Hypoglykämie
Glukagon wird als Notfallmedikament bei Menschen mit Diabetes eingesetzt, wenn eine schwere Hypoglykämie (Unterzuckerung) droht. Bewusstlosen Patient:innen muss Glukagon von außen zugeführt werden (keine orale Gabe!). Am längsten bekannt ist die Verabreichung von Glukagon mit Hilfe einer Notfallspritze. Allerdings ist Glukagon sehr instabil und liegt daher häufig in kristalliner Form vor. Vor der Verabreichung muss es aufgelöst, mit der Spritze aufgezogen und anschließend injiziert werden. In einer Notsituation für Außenstehende nicht einfach.
Erst seit kurzem gibt es einen Glukagon-Notfallpen, der Glukagon bereits in flüssiger Form enthält. Die Injektion ist so für Außenstehende weniger kompliziert. Noch einfacher anzuwenden ist das seit 2019 zugelassene nasale Glukagon. Ein Einzeldosisbehältnis enthält 3 mg Glukagon als Pulver, das wie ein Nasenspray verabreicht wird. Die Aufnahme des Glukagons erfolgt über die Nasenschleimhaut.