Was sind die S3-Leitlinien?
In Leitlinien sind Empfehlungen gelistet, wie bestimmte Krankheiten nach aktuellem Stand der Wissenschaft zu erkennen und zu behandeln sind. Sie richten sich vorzugsweise an Ärzt:innen oder auch an Pflegekräfte und andere Fachleute im Gesundheitswesen. Von den Empfehlungen kann im Einzelfall abgewichen werden, um auf individuelle Bedürfnisse Betroffener einzugehen.
Man unterscheidet vier Klassen von Leitlinien: S1, S2k, S2e und S3. Je höher die Einstufung, desto sicherer ist die Aussagekraft. S3-Leitlinien haben daher die höchste Qualitätsstufe.
Wissenswertes zu den S3-Leitlinien
- Die Empfehlungen richten sich immer nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft.
- Da jährlich eine Vielzahl neuer Studien erscheint, müssen Leitlinien regelmäßig aktualisiert werden.
- Für jede Leitlinie gibt es eine Leitlinienkommission, bestehend aus Fachleuten zum jeweiligen Krankheitsbild. Sie tragen die wissenschaftlichen Informationen zusammen und bewerten diese.
- Die letzte Aktualisierung der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter“ fand 2015 statt. Eine neue überarbeitet Version soll Ende 2023 erscheinen.
Was beinhalten die Neuerungen der Leitlinien?
Ein wichtiger Punkt in den neuen Leitlinien soll die erweiterte Empfehlung zu Insulinpumpentherapien bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes sein. In den bisherigen Leitlinien war die Insulinpumpentherapie nur für eine kleine Patient:innengruppe empfohlen. Aus aktuellen Studien geht hervor, dass eine Pumpentherapie bessere Therapieergebnisse (HbA1c-Werte) erzielt, als eine intensivierte Insulintherapie, insbesondere, wenn schon früh mit der Insulinpumpentherapie begonnen wird. Auch der Einsatz von Messsensoren für die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) wird verstärkt in den neuen Leitlinien Platz finden.
Durch den enormen technischen Fortschritt seit der letzten Aktualisierung der Leitlinie werden neu vermutlich auch Automatische Insulin-Dosierungssysteme (AID-Systeme) in die Leitlinie aufgenommen. Erste Studienergebnisse deuten auf sehr gute Erfolge beim Einsatz der AID-Systeme hin (z.B. Senkung der mittleren Glukosewerte, mehr Zeit im Zielbereich von 70–180 mg/dl (3,9–10 mmol/l), Reduktion der Glukoseschwankungen).
Ebenso Einzug erhalten werden die neuesten Erkenntnisse aus den Bereichen Früherkennung und Prävention des Typ-1-Diabetes. Hierzu zählt unter anderem die neue Einteilung der Progression des Typ-1-Diabetes in vier Stufen: Stufe 1 ist dabei definiert, wenn zwei oder mehr diabetesspezifische Antiköper bei Kindern oder Jugendlichen nachgewiesen werden können, jedoch keinerlei klinische Anzeichen auf einen Typ-1-Diabetes hinweisen. Bei Feststellung einer gestörten Glukosetoleranz (erhöhte Blutzuckerwerte) spricht man von Stufe 2 – beide Stufen können über Monate oder Jahre andauern. Nach klinischer Manifestation des Typ-1-Diabtets spricht man von Stufe 3. Stufe 4 beschreibt einen schon länger bestehenden Typ-1-Diabetes. Die neue Einteilung der Progression des Typ-1-Diabetes in verschiedene Stadien ermöglichen neue Therapieansätze, die eine Manifestation der Diabeteserkrankung verzögern können.