Unbehandelt sorgt Typ-1-Diabetes dafür, dass du an Körpergewicht verlierst. Sobald du eine Therapie beginnst und anfängst, Insulin zu spritzen, stellst du vielleicht genau das Gegenteil fest: Du legst schnell an Gewicht zu. Das ist zunächst völlig normal und ein Zeichen, dass dein Körper auf die Therapie reagiert. Der Zucker aus dem Blut kann wieder zur notwendigen Energiegewinnung genutzt werden. Doch was passiert, wenn die Gewichtszunahme kontinuierlich weiter geht? Übergewicht ist nicht nur für Typ-1-Diabetikerinnen mit gewissen Risiken verbunden!
Wissenswertes auf einen Blick:
- Gewichtsverlust ist ein Symptom für Typ-1-Diabetes.
- Beginnst du mit einer Insulintherapie, kann es sein, dass du zunächst zunimmst.
- Übergewicht erhöht das Risiko für Folgeerkrankungen des Diabetes zusätzlich.
- Ein gutes Diabetesmanagement unterstützt ein gesundes Körpergewicht.
- Mithilfe einer Umstellung auf eine ausgewogene Ernährung und mehr Bewegung kannst du abnehmen oder ein gesundes Gewicht halten.
Gewichtsverlust - ein Symptom bei Typ-1-Diabetes
Vor der Diagnose Typ-1-Diabetes bemerkst du eventuell einen unerklärlichen Gewichtsverlust. Gründe dafür sind:
- Durch den Insulinmangel steigt dein Blutzuckerspiegel stark an. Dein Körper versucht, über die Nieren vermehrt Zucker über den Urin auszuscheiden. Da Zucker Wasser bindet kommt es zu höherem Wasserverlust (bemerkbar an häufigeren Toilettengängen), der sich auch durch reduziertes Körpergewicht bemerkbar macht.
- Da deinem Körper durch fehlendes Insulin der Zucker aus den Mahlzeiten nicht zur Verfügung steht, benötigt er eine alternative Quelle: die Fettdepots. Dein Körper ist in der Lage, aus Fett Energie zu gewinnen. Fettdepots werden also abgebaut und du verlierst an Körpergewicht.
Gewichtszunahme nach Therapiebeginn bei Typ-1-Diabetes
Sobald die Stoffwechselkrankheit erkannt ist, beginnst du mit der Insulintherapie – dem wichtigsten Baustein in der Therapie von Typ-1-Diabetes. In der Regel normalisiert sich dein Blutzuckerspiegel schnell und du nimmst von selbst wieder zu.
Insulin & Körpergewicht – wer reguliert hier was?
Im Rahmen deiner Insulintherapie kann es dazu kommen, dass du mehr an Körpergewicht zunimmst, als dir lieb ist, bzw. als deiner Gesundheit guttut. Schuld daran ist die sogenannte adipogene Wirkung von Insulin – es signalisiert dem Körper Fettdepots aufzubauen. Grundsätzlich ist diese Funktion wünschenswert, heißt aber auch, dass bei zu viel Insulin auch mehr Fettdepots aufgebaut werden. Weil die Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes lebensnotwendig ist, kannst du nicht einfach darauf verzichten. Du kannst aber darauf achten, nur so viel Insulin zu spritzen, wie du tatsächlich benötigst. Dadurch verringerst du auch das Risiko einer Unterzuckerung. Ein gutes Diabetesmanagement sorgt also nicht nur für normale Blutzuckerspiegel, sondern sollte auch eine adäquate Insulinzufuhr berücksichtigen.
Für deine Ernährung gilt: meide Lebensmittel, die deinen Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen – also Süßigkeiten, Backwaren aus Weißmehlprodukten oder gesüßte Getränke. Diese liefern nicht nur viele Kalorien, sondern erfordern zusätzliche Insulingaben, um deinen Blutzucker nicht zu stark ansteigen zu lassen.
Übergewicht ist für Menschen mit Diabetes besonders verheerend
Während man Übergewicht häufiger mit Typ-2-Diabetes in Verbindung bringt, geht man bei Menschen mit Typ-1-Diabetes eher von schlanken Menschen aus. Doch die Zahl der übergewichtigen Menschen mit Typ-1-Diabetes hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
Zur Einschätzung des Körpergewichts wird meistens die Berechnung des Body Mass Index (BMI) herangezogen. Hierbei wird das Körpergewicht ins Verhältnis zur Körpergröße gesetzt. Deinen BMI kannst du errechnen, indem du dein Gewicht in Kilogramm (kg) durch deine Körpergröße in Metern zum Quadrat (m2) teilst. Die Formel lautet: BMI = Gewicht in kg / Größe in m². Personen mit einem BMI (Body-Mass-Index) ab 25 kg/m2 gelten als leicht übergewichtig. Von Übergewicht spricht man ab einem BMI von 30 kg/m2.
Ein Beispiel: Eine 70 Kilogramm schwere Frau mit einer Körpergröße von 1,60 m hat einen BMI von 27,3 kg/m2 und ist damit leicht übergewichtig.
Übergewicht begünstigt sowohl bei gesunden Menschen als auch bei Menschen mit Diabetes die Entstehung einer Reihe von Krankheiten wie Herz-Kreislauferkrankungen. Das Risiko diabetesbedingter Folgeerkrankungen wird durch Übergewicht zusätzlich erhöht, wobei der Effekt bei Frauen sogar stärker ist als bei Männern.
Mit steigendem Körpergewicht steigt auch der Insulinbedarf. Es muss also mehr Insulin gespritzt werden, um die gleiche Senkung des Blutzuckers zu erreichen wie vorher. Höhere Insulinwerte bewirken, wie oben erwähnt, einen vermehrten Aufbau von Fettdepots zur Energiespeicherung. Es entwickelt sich ein Teufelskreis, der möglichst schnell unterbrochen werden muss.
Zudem nimmt mit steigendem Körpergewicht auch bei Personen mit Typ-1-Diabetes die Empfindlichkeit für Insulin ab. Betroffene können einen Doppeldiabetes entwickeln: Zusätzlich zum Insulinmangel leiden sie dann auch noch an einer Insulinresistenz. Mehr Insulin wird benötigt – der Teufelskreis nimmt Fahrt auf.
Daher ist es beim Diabetesmanagement wichtig, auf eine adäquate Gewichtszunahme nach Therapiebeginn zu achten und Übergewicht im Laufe der Therapie möglichst zu verhindern. Sollte das Körpergewicht doch mal aus dem Ruder geraten, kannst du in Absprache mit deinem Diabetes-Team nach geeigneten Maßnahmen suchen, wobei dein Blutzuckermanagement immer im Vordergrund stehen sollte.
Abnehmen mit Diabetes
Falls du mit deinem Gewicht unzufrieden bist und du abnehmen möchtest, sprich am besten zunächst dein Diabetes-Team darauf an. Sie können mit dir geeignete Maßnahmen besprechen, um mögliches Übergewicht zu reduzieren.
Meist wird durch eine langfristige Umstellung deines Lebensstils die nötige Gewichtsreduktion erreicht und hilft dir dabei, das Gewicht auch zu halten. Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Bewegung hilft dir nicht nur beim Abnehmen, sondern vereinfacht auch das Diabetes-Management: eine geeignete Lebensmittelauswahl senkt den Insulinbedarf, den du für eine Mahlzeit benötigst. Ausreichend Bewegung trägt zusätzlich zu einer Reduktion des Insulinbedarfs bei.
Ernährungsumstellung zur Gewichtsreduktion
Um dauerhaft abzunehmen, hilft dir eine Ernährungsumstellung. Eine strikte Diät sorgt zwar dafür, dass du schnell an Gewicht verlierst – birgt aber neben dem Jojo-Effekt auch andere Risiken, wie unvorhersehbare Effekte auf deinen Blutzuckerspiegel oder eine einseitige Versorgung bestimmter Nährstoffe.
Ertappst du dich dabei, dass du häufig nicht aus echtem Hunger zur Nahrung greifst, sondern weil dir langweilig ist, du traurig oder gestresst bist? Versuche solche Ernährungsfallen zu vermeiden und suche dir alternative Handlungen, auf die du in solchen Momenten zurückgreifen kannst: Vielleicht hilft eine Tasse Tee/ein Glas Wasser, eine kurze Achtsamkeitsmeditation oder ein Telefonat mit der Freundin?
In den Leitlinien zur Behandlung von Typ-1-Diabetes sind Expert:innen übereingekommen, dass für Betroffene keine spezifische Ernährungsform oder Diät erforderlich ist. Auch spezielle Diät- oder Diabetikerprodukte sind überflüssig – das gilt auch oder vor allem dann, wenn Menschen mit Typ-1-Diabetes abnehmen wollen.
Die Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Diabetes unterscheiden sich demnach nicht von jenen für gesunde Menschen:
- Pflanzliche Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse kannst du reichlich essen.
- Dazu solltest du viel Trinken (am besten Wasser oder andere kalorienfreie Getränke).
- Tierische Produkte wie Milch und Milchprodukte gehören täglich, aber in Maßen, auf den Tisch – Fleisch, Wurst und Eier nur gelegentlich. Fisch solltest du etwa zweimal pro Woche essen, da er wertvolle Fette enthält.
- Zucker- und fettreiche Nahrung, wie Süßigkeiten und Fertigprodukte, genießt du besser in sehr begrenzten Mengen.
- Verwende pflanzliche Fette und Öle zum Kochen und Braten (etwa Raps-, Sonnenblumen- oder Olivenöl), statt Butter oder Schmalz.
Wichtig ist, dass du lernst, die Kohlenhydrateinheiten (KE) deiner Mahlzeiten einzuschätzen, um die passende Insulindosis zu berechnen. In unserem Artikel zur Ernährung bei Typ-1-Diabetes erfährst du mehr!
Bewegung zur Gewichtsreduktion
Neben einer falschen Ernährung ist Bewegungsmangel einer der Hauptgründe für die Entstehung von Übergewicht. Dabei fördert ausreichend Bewegung die Insulinsensitivität deiner Zellen im Körper und ist daher gerade für Menschen mit Diabetes unerlässlich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt Erwachsenen pro Woche mindestens 150 Minuten mäßigen oder 75 Minuten intensiven Ausdauersport zu betreiben. Es reicht also, wenn du gut 20 Minuten täglich schnell spazieren gehst. Vielleicht kannst du dazu die Mittagspause nutzen und am Wochenende einen längeren Spaziergang oder eine andere körperliche Aktivität wie Radfahren oder Inline-Skaten einplanen. Such dir eine Sportart, die dir Spaß macht. Körperlich aktiv zu sein, sollte dir guttun und nicht etwa eine reine Quälerei darstellen, zu der du dich nur schwer aufraffen kannst.
Alles zum Thema Sport bei Typ-1-Diabetes erfährst du in unserem Artikel zum Thema.
https://www.who.int/publications/i/item/9789241599979
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29735574/
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/057-013l_S3-Therapie-Typ-1-Diabetes_2018-08.pdf
https://www.diabetesde.org/system/files/documents/gesundheitsbericht_2018.pdf
https://www.diabetiker.info/uebergewicht-mit-typ-1-diabetes-eine-herausforderung/