Sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Diabetes kommen bei beiden Geschlechtern ungefähr gleich häufig vor. Auch die Behandlung unterscheidet sich kaum. Trotzdem erleben Frauen den Diabetes anders als Männer: denn hormonelle Schwankungen erschweren ihnen die Blutzuckerkontrolle. Außerdem haben Frauen ein größeres Risiko für bestimmte Folgeerkrankungen – etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall – als Männer. Ein gutes Diabetes-Management und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind daher umso wichtiger.
Wissenswertes - Unterschiede auf einen Blick
- Frauen haben andere körperliche Voraussetzungen als Männer.
- Medikamente und Therapien wirken bei ihnen möglicherweise unterschiedlich.
- Frauen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen und eine niedrigere Lebenserwartung als Männer mit Diabetes.
- Die Behandlung gestaltet sich bei beiden Geschlechtern ähnlich.
- Frauen mit Typ-1-Diabetes sind häufiger von Folgeerkrankungen betroffen als Männer.
Frauen wurden in der medizinischen Forschung häufig zu wenig berücksichtigt und sind noch heute in Pharmastudien unterrepräsentiert. Ein Grund, warum Frauen lange Jahre aus Medikamentenstudien so gut wie ausgeschlossen wurden, war der Contergan-Skandal in den 60er Jahren. Bis heute dürfen Frauen, wenn sie an Studien teilnehmen, nicht schwanger werden. In vielen Studien wird explizit doppelte Verhütung verlangt: sprich Antibabypille plus Kondom. Deswegen ist die Rekrutierung von Männern deutlich einfacher als von Frauen, was die tatsächlichen Studienpopulationen und das sich daraus ergebende Gender-Data-Gap ein Stück weit erklärt.
Nur: das Wissen um die Gründe macht die Situation nicht besser. Aufgrund unterschiedlicher Anatomie, einem anderen Stoffwechsel und stärkeren hormonellen Schwankungen verhalten sich Medikamente im Körper von Frauen und Männern anders. So ist die Zusammensetzung von Arzneimitteln wie auch die Dosierungsempfehlung für Frauen oft nicht ideal.
Unterschiede zwischen Frauen und Männern, die die Pharmakokinetik, also die Aufnahme und den Abbau von Medikamenten, beeinflussen (können):
- Frauen wiegen meist weniger als Männer.
- Sie besitzen in der Regel weniger Muskelmasse zugunsten eines höheren Körperfettanteils.
- Der weibliche Körper unterliegt stärkeren hormonellen Schwankungen (etwa durch den Menstruationszyklus oder während der Wechseljahre).
- Frauen leben meistens bewusster, ernähren sich gesünder, rauchen weniger und trinken weniger Alkohol.
Die Wirkung von Medikamenten kann dadurch bei Frauen anders ausfallen als bei Männern. Immerhin müssen in Deutschland seit 2004 mögliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern in klinischen Studien untersucht werden, wenn neue Medikamente zugelassen werden sollen.
Wie wird Typ-1-Diabetes bei Frauen behandelt?
Bei einem Typ-1-Diabetes fehlt dem Körper Insulin. Der wichtigste Baustein der Diabetes-Therapie ist also die Insulintherapie. Durch ein optimales Diabetes-Management, bei dem du deinen Blutzuckerspiegel auf einem möglichst normalen Niveau hältst, kannst du:
- Unter- oder Überzuckerungen vermeiden,
- Beeinträchtigungen der Lebensqualität so gering wie möglich halten und
- das Risiko für Folgeerkrankungen, wie Augen-, Nieren-, Nerven- oder Gefäßschäden, minimieren.
Für ein gelungenes Diabetes-Management spritzt du mehrmals täglich Insulin in Bauch, Oberschenkel, Oberarme oder Po. Zur Kontrolle misst du deinen Blutzuckerspiegel regelmäßig, um mögliche Unterzuckerungen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls entgegenzuwirken.
Deine Diabetes-Behandlung wird durch folgende Bausteine abgerundet:
- Ernährungsschulung mit dem Ziel einer ausgewogenen, gesunden Ernährung,
- körperliche Aktivität und
- ein gesundes Körpergewicht erreichen und halten.
Die Insulintherapie
Für Männer wie Frauen mit Typ-1-Diabetes gilt: Der wichtigste Baustein ihrer Behandlung ist die Insulintherapie. Nur mit Hilfe von Insulin können die Zuckerbausteine aus dem Blut in die Körperzellen transportiert werden.
Eine Behandlung (fast) ohne Insulin wäre bei einem insulinabhängigen Typ-1-Diabetes nur durch eine Transplantation von insulinproduzierenden Inselzellen (Beta-Zellen) oder einer Bauchspeicheldrüse möglich – ein schwerwiegender Eingriff, der nur Menschen empfohlen wird, die trotz optimaler Diabetestherapie an starken Unterzuckerungen leiden.
Standard, um Typ-1-Diabetes zu behandeln, ist die intensivierte-konventionelle-Insulintherapie (ICT) oder auch intensivierte Insulintherapie genannt. Die ICT ist bedarfsorientiert und gleicht am ehesten deinem natürlichen Stoffwechsel.
Die meisten Menschen mit Diabetes spritzen Insulin mithilfe eines Insulinpens. Klassische Spritzen werden dagegen nur noch selten verwendet. Eine weitere Möglichkeit ist die Insulinpumpe, die regelmäßig Basisinsulin zur Deckung deines Grundbedarfs abgibt. Auf Knopfdruck wird vor Mahlzeiten zusätzlich benötigtes Insulin injiziert, entsprechend der Kohlenhydratmenge.
Bei regelmäßigen Arztbesuchen wird dein Langzeitblutzuckerwert (HbA1c) überprüft. Dieser Wert zeigt, wie gut dein Blutzucker eingestellt ist und ob du ihn weiter verbessern solltest.
Insulintherapie & Schwangerschaft
In dieser Lebensphase ist ein optimales Blutzuckermanagement besonders wichtig, um mögliche Risiken bei der Schwangeren und beim Kind zu minimieren. Der Blutzuckerspiegel und damit der Insulinbedarf ändern sich im Laufe einer Schwangerschaft durch den Einfluss der Schwangerschaftshormone ständig. Eine Insulinpumpe ist für schwangere Typ-1-Diabetikerinnen eine gute Methode, um das Diabetesmanagement zu vereinfachen. Aber auch mit Insulinpen und Spritzen ist eine Insulintherapie in der Schwangerschaft gut möglich.
Wenn du eine Schwangerschaft planst, ist es sinnvoll, frühzeitig mit deinem Diabetes-Team zu sprechen, um den HbA1c-Wert zu kontrollieren und dich auf bereits bestehende mögliche Folgeerkrankungen zu untersuchen.
Vorsorgeuntersuchungen
Da Frauen mit Typ-1-Diabetes ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, solltest du dich regelmäßig von den entsprechenden Fachärzt:innen durchchecken lassen. Eventuell sind neben Insulin auch weitere Medikamente nötig, um etwa dein Herz-Kreislauf-Risiko zu senken.
Was kannst du bei Unter- oder Überzuckerung tun?
Ziel deiner Diabetes-Therapie ist es, Unter- und Überzuckerungen zu verhindern. Trotzdem kann es zu solchen Situationen kommen. Dann solltest du folgendermaßen vorgehen:
Bei Unterzuckerung (Hypoglykämie)
- Blutzucker durch schnell verfügbaren Zucker – etwa in Form von Fruchtsaft oder Traubenzucker – erhöhen.
- Kein Insulin spritzen! Dadurch sinkt der Blutzucker weiter.
Vorsicht: Ist eine andere Person aufgrund von starker Unterzuckerung bewusstlos, verabreiche ihr keine Nahrungsmittel, sie könnte sich daran verschlucken. Verständige stattdessen den Notarzt. Einige Menschen mit Typ-1-Diabetes tragen ein Notfallset (Glukagon-Kit) bei sich. Mit Hilfe einer Spritze oder einem Nasenspray kann dem Betroffenen Glukagon verabreicht werden. Glukagon ist ein Insulingegenspieler und bewirkt im Körper eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels durch Freisetzung von Glykogen aus der Leber.
Bei Überzuckerung (Hyperglykämie)
- Schnell wirkendes Insulin spritzen!
- Viel trinken.
Vorsicht: Bei sehr hohen Blutzuckerwerten (über 250mg/dL bzw. 13,9 mmol/L) muss von einem Insulinmangel ausgegangen werden. Der Zucker gelangt nun nicht mehr zur Energiegewinnung in die Körperzellen, daher baut der Körper Fettreserven ab, um den Energiebedarf abzudecken. Dabei entstehen saure Ketonkörper, die sich im Blut anreichern können und dann zu einer Übersäuerung (Ketoazidose) führen können. Die Ketonkörper kannst du im Urin mittels Urinteststreifen gut nachweisen. Bei höheren Werten solltest du ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/mensch/ungleichbehandlung/medikamente-1071292
https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/insulintherapie.html
https://www.diabetesde.org/pressemitteilung/frauen-diabetes-sollten-menstruationszyklus-beobachten
https://www.diabinfo.de/leben/diabetes-im-alltag/kinderwunsch.html
DDG: S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes, 2. Auflage; AWMF-Registernummer: 057-013
https://www.diabetesde.org/gesundheitsberichte
https://www.thelancet.com/journals/landia/article/PIIS2213-8587(14)70248-7/fulltext