Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper – bzw. genauer, die Bauchspeicheldrüse – kein eigenes Insulin mehr produziert. Das eigene Immunsystem greift die körpereigene Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse an und zerstört die insulinproduzierenden Zellen (Beta- Zellen). Die Folge ist ein absoluter Insulinmangel. Um das fehlende Insulin im Körper auszugleichen und den Blutzucker zu senken, müssen Menschen mit Typ-1-Diabetes täglich Insulin von außen zuführen. Es gibt unterschiedliche Methoden der Insulintherapie, sodass du deine Behandlung bestmöglich an deine Bedürfnisse anpassen kannst. Ein Typ-1-Diabetes muss das ganze Leben lang behandelt werden.
Wissenswertes zur Behandlung von Typ-1-Diabetes auf einen Blick:
- Ein Typ-1-Diabetes macht eine lebenslange Insulintherapie erforderlich.
- Die Insulintherapie kann mithilfe eines Insulin-Pens, einer klassischen Spritze oder einer Insulin-Pumpe erfolgen.
- Eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle ist unbedingt erforderlich.
- Moderne Geräte machen die Diabetes-Behandlung so einfach und angenehm wie möglich.
Bausteine der Behandlung von Typ-1-Diabetes
Als Typ-1-Diabetikerin nimmst du den Großteil deiner Behandlung selbst in die Hand. Das Wissen über deine Erkrankung, ein gutes Selbstmanagement und eine verlässliche medizinische Versorgung sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Am Anfang mag alles sehr kompliziert erscheinen, doch mit der Zeit lernst du die besonderen Bedürfnisse deines Körpers immer besser kennen und deine Diabetestherapie gut in den Alltag zu integrieren. Regelmäßige Arztbesuche und Diabetes-Schulungen helfen dir dabei.
Eine gelungene Diabetes-Therapie ist von Mensch zu Mensch verschieden, denn sie wird genau an den Gesundheitszustand, aber auch an individuelle Vorlieben und Lebensumstände angepasst.
Folgende Bausteine sind dabei immer Bestandteil der Behandlung:
- Insulin zuführen.
- Blut- bzw. Gewebszucker mehrmals täglich überprüfen.
- Gesunde Ernährung sowie Berechnung der Kohlenhydrate: Dazu erfährst du alles in diesem Artikel.
- Körperlich aktiv sein: In diesem Blogartikel zeigen wir dir, wie du Diabetes und Sport in Einklang bringst.
- Gesundes Gewicht halten: Hier erfährst du alles zum Thema Abnehmen bei Typ-1-Diabetes.
Ziele der Diabetes-Behandlung
Mit der Behandlung deines Diabetes möchten du und dein Diabetes-Team Folgendes erreichen:
- Deinen Blutzuckerspiegel in einem gesunden Bereich halten und Über- beziehungsweise Unterzuckerung vermeiden.
- Das Risiko für Folgeerkrankungen, die durch die Diabeteserkrankung verursacht werden können (wie Schäden an Augen und Nieren, Nerven oder Herz), minimieren.
- Deinen Alltag so unbeschwert wie möglich gestalten.
Bei regelmäßigen Arztbesuchen schaust du gemeinsam mit deinem:r Arzt:Ärztin, ob du dich auf dem richtigen Weg befindest. Eine große Rolle spielt dabei der Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c-Wert). Er zeigt den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel während der letzten zwei bis drei Monate an. Ist der HbA1c-Wert zu hoch, muss dein Diabetes-Management entsprechend angepasst bzw. optimiert werden.
Behandlung ohne Insulin? Bei Typ-1-Diabetes nicht möglich
Durch die Zerstörung der insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse bist du auf eine Insulinzufuhr von außen angewiesen. Die Stoffwechselkrankheit wird daher auch insulinabhängiger Diabetes genannt: Betroffene müssen Insulin zuführen, um ihren Blutzuckerspiegel zu regulieren – und das ein Leben lang.
Die Insulinabhängigkeit von außen lässt sich bisher einzig mit einer Betazellersatztherapie umgehen. Dabei werden Inselzellen mit insulinproduzierenden Beta-Zellen oder eine Bauchspeicheldrüse transplantiert. Zwar müssen sich Patient:innen nach einem solchen Eingriff nur noch geringe Mengen Insulin spritzen, doch eine Transplantation zieht die lebenslange Einnahme immunsuppressiver Medikamente nach sich. Sie wird daher nur empfohlen, wenn trotz optimalem Diabetesmanagement kein befriedigendes Behandlungsergebnis erreicht wird und Betroffene immer wieder schwere Unterzuckerungen und Komplikationen erleiden.
Zu Beginn einer Diabetestherapie wird häufig viel Insulin benötigt, um die entgleisten Blutzuckerwerte wieder zu normalisieren. In einer anschließenden Remissionsphase sinkt der Insulinbedarf teilweise stark, da verbliebene Beta-Zellen wieder vermehrt Insulin produzieren. Wie schnell und stark dein Insulinbedarf sich ändert, ist sehr individuell und kann niemand vorhersagen. Daher ist es unbedingt notwendig, dass du deinen Blutzucker genau kontrollierst und du im engen Kontakt mit deinem Diabetes-Team stehst.
Insulintherapie: Welche Therapie ist die richtige?
Forscher:innen beschäftigen sich intensiv mit Typ-1-Diabetes und suchen nach Wegen, der Erkrankung vorzubeugen beziehungsweise sie zu heilen. Bisher ist das nicht möglich. Doch die intensive Auseinandersetzung mit der Stoffwechselkrankheit hat zumindest dazu geführt, das Leben von Menschen mit Diabetes unbeschwerter zu gestalten. Mittlerweile gibt es unterschiedliche Formen von Insulin und moderne Geräte, die das Diabetesmanagement vereinfachen:
Langwirksame Basal- oder Basisinsuline decken den Grundbedarf an Insulin. Sie wirken später und länger als kurzwirksame Bolusinsuline, die den zusätzlichen Bedarf infolge einer Mahlzeit abdecken.
Der Blutzuckerspiegel schwankt ständig, abhängig etwa von der Nahrungsaufnahme (Blutzuckerwert steigt) oder sportlichen Aktivitäten (Blutzuckerwert sinkt). Danach musst du deine Insulinzufuhr entsprechend ausrichten.
Man unterscheidet hauptsächlich zwei Formen der Insulintherapie:
Empfohlene Standardtherapie bei Typ-1-Diabetes ist die intensivierte-konventionelle-Insulintherapie (ICT; Basis-Bolus-Prinzip): Du spritzt ein- bis zweimal täglich ein langwirksames Basalinsulin, das den Grundbedarf deines Körpers an Insulin deckt. Vor den Mahlzeiten misst du deinen Blutzucker und schätzt ab, wie viele Kohlenhydrate deine Mahlzeit hat. Dann verabreichst du die erforderliche Menge an Bolusinsulin. Wie genau die Berechnung erfolgt, wird dir bei der Diabetesschulung gezeigt. Keine Sorge: Moderne Hilfsmittel ersparen mühsames Kopfrechnen und mit der Zeit wirst du Profi im Umgang mit deiner Erkrankung und dem Einschätzen von Kohlenhydratmengen. Mit der intensivierten Insulintherapie richtest du deine Insulinzufuhr also an deinem aktuellen Bedarf aus. Dadurch erreichst du maximale Flexibilität, um deine Erkrankung in deinen Alltag zu integrieren und nicht andersherum.
Bei der konventionellen Insulintherapie (CT) spritzt du meist zweimal täglich – zum Frühstück und zum Abendessen – Insulin. Die Abfolge und Größe der Mahlzeiten sind genau festgelegt. Zusätzlich misst du drei- bis viermal täglich deinen Blutzucker. Die konventionelle Insulintherapie bietet wenig Spielraum für Flexibilität und wird nur noch in Ausnahmefällen bei Menschen mit Typ-1-Diabetes durchgeführt. Sie kommt daher vor allem dann zum Einsatz, wenn Betroffene den Anforderungen einer intensivierten Therapie – etwa aufgrund von Krankheiten – nicht gerecht werden (können).
Spritze, Pen oder Pumpe: Wie kommt das Insulin ins Blut?
Um die Blutzuckerwerte zu regulieren, muss Insulin ins Blut gelangen. Du kannst es nicht in Form von Tabletten oder Kapseln schlucken, weil die Enzyme im Magen das Insulin aufspalten würden. Stattdessen musst du das Hormon direkt ins Fettgewebe der Unterhaut an Bauch, Oberschenkel, Oberarm oder Po spritzen, wo es dann ins Blut übertritt. Insulin kannst du deinem Körper entweder über Injektionen (via Insulinpen oder Spritze) oder eine Insulinpumpe zuführen. Für welche Art der Insulinzufuhr du dich entscheidest, ist Geschmackssache.
Insulin-Pen und Spritze
Insulin-Pens sind etwa so dick wie ein Kugelschreiber. Es gibt sie in der Einweg- oder nachfüllbaren Variante. 95 Prozent des Insulins werden in Deutschland mit Insulin-Pen gespritzt. Spritzen kommen mittlerweile selten zum Einsatz. Trotzdem sollten Typ-1-Diabetiker im Ernstfall in der Lage sein, sich Insulin mit einer Spritze zu verabreichen.
Insulinpumpe
Die Insulinpumpe ist kleines Gerät, das ständig am Körper getragen wird – beispielsweise am Hosenbund oder in einer Tasche am Gürtel. Über einen dünnen Schlauch ist das Gerät mit einer feinen Kanüle unter der Haut am Bauch verbunden. Dort gibt die Pumpe regelmäßig Insulin ab, um den Grundbedarf zu decken. Zu den Mahlzeiten verabreichst du deinem Körper auf Knopfdruck zusätzliches Bolusinsulin.
Closed-Loop-System
Als heiliger Gral der Diabetes-Therapie gilt eine vollautomatisierte Insulintherapie: Eine Pumpe ist mit einem Gerät verbunden, das kontinuierlich den Gewebezucker misst und die Insulinmenge automatisch nach dem aktuellen Bedarf dosiert. Dieses sogenannte Closed-Loop-System (auch künstliche Bauchspeicheldrüse genannt) gibt es derzeit nur in hybrider Form: Den Bedarf an Basalinsulin deckt das Gerät eigenständig. Vor den Mahlzeiten musst du allerdings noch die geschätzten Kohlenhydrate eingeben und die vom System vorgeschlagene Bolus-Korrektur bestätigen.
Blutzucker messen: unkompliziert durch CGM
Um einen gesunden Blutzuckerwert sicherzustellen, ist es notwendig, ihn mehrmals täglich selbst zu überprüfen, etwa:
- Vor den Mahlzeiten.
- Vor dem Autofahren.
- Vor sportlichen Aktivitäten.
- Vor dem Schlafengehen.
- Wenn du Symptome von Unterzuckerung verspürst.
Am besten dokumentierst du die Werte in einem Blutzuckertagebuch – digital oder in Papierform.
Bei der klassischen Art der Blutzuckerselbstmessung beförderst du mit Hilfe einer Stechhilfe einen Tropfen Blut aus deiner Fingerbeere auf einen Teststreifen. Dieser wird mit einem elektronischen Blutzuckermessgerätes analysiert. Den aktuellen Wert kannst du direkt ablesen. Allerdings zeigt er lediglich eine Momentaufnahme, zwischenzeitliche Schwankungen des Blutzuckerspiegels bleiben unberücksichtigt.
Deshalb hat sich die kontinuierliche Gewebezuckermessung etabliert – auch CGM (Continuous Glucose Monitoring) genannt. Dabei wird ein Sensor unter die Haut gebracht, der ständig den Gewebezucker misst. Mithilfe eines Empfängers – einem kleinen Gerät oder einer App auf dem Smartphone – kannst du jederzeit den aktuellen Glukosewert überprüfen. Ein Alarm warnt dich außerdem vor Unter- und Überzuckerung.
Wichtig zu wissen: Bei der CGM wird nicht der Blutzucker, sondern der Gewebezucker gemessen – ein Wert, der dem Blutzucker etwa 10 bis 20 Minuten hinterherhinkt. Ein paar Mal am Tag musst du dich daher trotzdem noch in den Finger stechen, um deinen Blutzucker manuell zu ermitteln – etwa, wenn du dich nach dem Sport unterzuckert fühlst oder um deinen Empfänger zu kalibrieren.
https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/type-1-diabetes/symptoms-causes/syc-20353011
https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/type-1-diabetes/diagnosis-treatment/drc-20353017
https://www.pschyrembel.de/Diabetes%20mellitus%20Typ%201/K05U4/doc/
https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/057-013.html
https://www.gesundheitsinformation.de/arten-der-insulinzufuhr.html
https://www.diabetes-hamburg.com/diabetes/kontinuierliche-glukosemessung-cgm-fgm.html
https://diabsurv.rki.de/Webs/Diabsurv/DE/diabetes-in-deutschland/Erwachsene/erwachsene-node.html
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Erstes-Closed-Loop-System-bewaehrt-sich-im-Alltag-256468.html
Mehnert, Hellmut et al.: Diabetologie in Klinik und Praxis. 2003. Thieme Verlag